Dienstag, 11. Februar 2014

Der Zukunft abgewandt


Udaljeni od budućnosti

EU je doprinijela da se spriječe reforme u Bosni

Objavljeno u Süd Deutsche Zeitung 10. februara 2014.

 

Die EU hat dazu beigetragen, Reformen in Bosnien zu verhindern
 
 

 

Zukunftsweisend klang es schon, als die EU 2006 in Bosnien-Herzegowina ein neues Konzept durchsetzte. Seit dem Friedensabkommen von Dayton, also seit 1995, hatten die Vereinten Nationen in dem vom Burgerkrieg verwüsteten Land das Sagen gehabt. Der Hohe Repräsentant der UN konn­te Gesetze er- und Beamte entlassen. Selbst den Präsidenten hatte er feuern können, wenn der gegen Friedensvertrag und Verfassung verstoßen hatte.

Doch die Europäer - allen vorne weg Deutschland, Frankreich und die EU-Kommission - fanden damals, dass es mit dem Regieren von außen ein Ende haben müsse. Eigenverantwortung sollte es ersetzen. Hatten sich Länder wie Polen, Tschechien oder die baltischen Staaten nicht ebenfalls in eigener Verantwortung erfolgreich reformiert und für die EU fit gemacht? Jetzt sollten dies auch die Bosnier tun.

 

Viele Politiker in dem Land sind selbstherrlich und korrupt

 

Den Hohen UN-Repräsentanten hatten Berlin oder Paris am liebsten abgeschafft. Als Washington und London dies ablehnten, drangen deutsche Diplomaten darauf, dass sein Büro ausgedünnt und seine Macht durch einen Lenkungsausschuss beschnitten wurde. Dort untersagten die Botschafter Deutschlands oder Frankreichs dem seit März 2009 agierenden Hohen Repräsentanten, dem Osterreicher Valentin Inzko, hohe Politiker zu entlassen oder Gesetze zu machen. Die Bundesregierung setzte - im Zusammenspiel mit anderen - auch durch, dass die EU-Polizeimission in Bosnien geschlossen und die Schutztruppe Eufor auf nur noch wenige hundert Soldaten zusammengekürzt wurde.

Doch das Konzept lokaler Eigenverantwortung zerschellte schnell an der Realität. Denn weder bosniakische und kroatische noch serbische Politiker wollten Refor­men. „Die bosnischen Politiker sahen, dass in Kroatien auf dem Weg in die EU selbst Ex-Premierminister wegen Korruption im Gefängnis landeten" sagt ein hoher Diplo­mat in Sarajewo. „Kein einziger führender Politiker hier will Reformen, die das Land vielleicht fit für die EU machen, aber ihn selbst gefährden." Der EU gelang es nicht einmal, der Aufbau eines Landwirtschaftsministeriums und eines Verfassungsgerichts oder gar eine Wahlreform durchzusetzen.

Das Land ist weiterhin zweigeteilt in die von Bosniaken und Kroaten dominierte Föderation und die Republik Srpska. Beide Landesteile aber eint, dass ihre Politiker zunehmend selbstherrlich regieren. So wirft der Präsident der Föderation, der selbst unter Korruption verdacht steht, kurzerhand den Finanzminister hinaus. Ohne den aber kann laut Verfassung die Föderati­on keine Zahlung vornehmen. Der Präsi­dent der Republik Srpska, Milorad Dodik, wiederum verhindert jede den Gesamtstaat stärkende Reform und droht mit Abspaltung. „Wurden wir unseren eigenen Regeln folgen, hatten wir Dodik und etliche bosniakische und kroatische Politiker langst wegen Verstoßes gegen die Dayton-Regeln oder wegen Korruption absetzen müssen", sagt ein anderer westlicher Diplo­mat. Die USA und England, auch die Niederlande oder Spanien wollen offenbar die gescheiterte Politik der Nichteinmischung aufgeben und einen Reformverhinderer wie Dodik absetzen. Noch aber verhindern das Italien, Frankreich und Deutschland. In Sarajewo hoffen viele nun auf eine Kurskorrektur

in Berlin und setzen da ganz auf den neuen Ausenminister Frank-Walter Steinmeier.

(florian hassel)

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