Freitag, 7. Februar 2014

Soziale Proteste in Tuzla weiten sich aus

Soziale Proteste in Tuzla weiten sich aus

iz Njemačke štampe, TAZ 07022014:













Soziale Proteste in Tuzla weiten sich aus SARAJEVO taz | Am Donnerstag Haben sich am zweiten Tag in Folge Hunderte Demonstranten in der nordostbosnischen Industriestadt Tuzla versammelt. Das Gebäude der Kantonsregierung wurde mit faulen Eiern beworfen, Reifen brannten, den Demonstranten gelang es, das erste Stockwerk des Gebäudes zu verwüsten. Die Flagge des Kantons wurde symbolisch verbrannt. Die Polizei nahm einige Personen fest, die Demonstration jedoch schwoll trotzdem an. „Diebe und Verbrecher“ riefen Demonstranten auch bei einer Solidaritätsdemonstration in Sarajevo, die am Donnerstagnachmittag vor dem Gebäude der Kantonsregierung stattfand. Auch in der Hauptstadt der serbischen Teilrepublik Banja Luka wurde via Facebook zu Solidaritätskundgebungen aufgerufen. Arbeiter aus stillgelegten Industriebetrieben und junge Leute werfen den Kantonsbehörden in Tuzla Unfähigkeit vor, die Probleme der Region zu lösen. 55 Prozent der Menschen in dem Kanton sind angesichts der fehlgeleiteten Privatisierungspolitik arbeitslos geworden, eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Während der Demonstration am Mittwoch kam es bereits zu militanten Zusammenstößen zwischen der Polizei und protestierenden Arbeitern und ihren Sympathisanten. Die Privatisierung der noch vor dem Krieg 1992–95 produktiven, diversifizierten und durchaus konkurrenzfähigen Industrie der Stadt Tuzla ist gründlich schiefgelaufen. Sie führte nicht zu einem neuen Aufschwung, mehr als die Hälfte der privatisierten Betriebe sind stillgelegt. Zehntausende von Arbeitern und Angestellten, die anfänglich über Anteilscheine am Besitz ihres Betriebes teilhatten, wurden nach Ansicht der Demonstranten von Politikern und Geschäftemachern betrogen. Das Land ist nicht nur unter ethnischen Gesichtspunkten gespalten. Nach Meinung der Demonstranten bedienten die politischen Parteien nur ihre Klientelen aus dem Staatssäckel und dem Fundus des Staatseigentums, für die Zukunft des Landes und der gesamten Bevölkerung werde nichts getan. Die bekannte oppositionelle Wirtschaftswissenschaftlerin Svetlana Cenic aus Banja Luka drückte dies kürzlich so aus: „Kriminelle und Politiker haben eine Tycoon- Privatisierung in ganz Bosnien und Herzegowina durchgesetzt, ohne die Rechte der Arbeiter zu achten.“ ERICH RATHFELDER



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