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EX-PROFI CELIKOVIC: NEUE FREUDE IN 7. LIGA
Nermin Celikovic hat das Zuschauen und Warten längst satt.
Fast fünf Jahre sind seit seinem letzten Pflichtspiel vergangen. Fünf Jahre
ohne seine große Leidenschaft, fünf Jahre ohne Fußball auf Wettkampfebene.
Celikovic war Profi in der 2. Bundesliga und 3. Liga. Nun war das Comeback zum
Greifen nah. Nur in der 7. Liga. Aber wenigstens Fußball. Ein paar Stunden vor
dem ersehnten Anpfiff geht jedoch nichts mehr. Der Körper streikt. Die
Adduktoren schmerzen. Celikovic kann nur zuschauen. Schon wieder.
„Es macht einfach keinen Sinn heute“, sagt er und lehnt sich
zurück an den Stahlzaun, der den Sportplatz begrenzt. Dabei könnte seine
Mannschaft die Hilfe des Bosniers gut gebrauchen. Im zentralen Mittelfeld, also
genau dort, wo sich der 34-Jährige in seiner Karriere am wohlsten fühlte, fehlt
es dem FC
Leverkusen an diesem Sonntagnachmittag beim 0:2 gegen den DSK Köln in
der Bezirksliga,
Staffel 1, an zündenden Ideen, Präzision und einer Führungsfigur.
Celikovic hätte das Zeug dazu, seiner Elf, die so gerne
aufsteigen würde, zu helfen. Klar, angesichts seiner Vita. „Er ist ein
überragender Fußballer und mein verlängerter Arm auf dem Feld“, sagt sein
langjähriger Freund und jetziger Trainer Ali Meybodi. Über ein Jahrzehnt war
Celikovic als Profifußballer tätig. Hat viel Erfahrung gesammelt, eine gute
Ausbildung genossen und seine Klasse bewiesen. Die 22 Spieler, die vor ihm auf
dem Aschenplatz im Schatten der neuen Kölner Großmoschee spielen, sind
Siebtliga-Kicker. Amateure, die ihrem Hobby nachgehen.
Für Celikovic war das viele Jahre eine fremde Welt. Für ihn
war der Fußball keine nette Nebensache, sondern sein Beruf. Er verdiente mit
dem Sport seinen Lebensunterhalt, auch wenn es nie für einen Einsatz in der
Bundesliga reichte. Es gab Zeiten, da war der 1,79 Meter große Akteur nahe dran
an der Beletage des deutschen Fußballs. Noch als Jugendlicher wechselte er vom
SC Fortuna Köln zum großen Klub der Rhein-Metropole, dem 1. FC Köln. Der
Bosnier galt als vielversprechendes Talent, doch zunächst blieb die Tür zur
Profimannschaft verschlossen.
Celikovic musste sich mit seinem Status als erfolgreicher
Offensivspieler der U23 in der Regionalliga zufrieden geben, erzielte in 60
Einsätzen immerhin 21 Treffer. Erst als das Bundesliga-Team in eine sportliche
Krise schlitterte und der Abstieg drohte, sahen sich die Verantwortlichen
intensiver nach Alternativen in den eigenen Reihen um. Der damalige Trainer der
Kölner, Ewald Lienen, glaubte, in Celikovic einen vielversprechenden Spieler
gefunden zu haben. „Er hat mich die Vorbereitung der Profis in der Winterpause
mitmachen lassen und mir gesagt, dass er an mich glaubt“, erinnert sich der
Bosnier. Anschließend stand er zwar im Kader der Bundesliga-Mannschaft, wartete
aber vergeblich auf einen Einsatz.
AN DER SEITE VON LIEBERKNECHT MIT BRAUNSCHWEIG IN DIE 2. LIGA
Die Krise des Klubs hielt an, kurz darauf musste Lienen
gehen. Mit Christoph John übernahm Celikovics bisheriger Trainer bei der U23
für einige Wochen den Job als Chefcoach. Trotzdem saß der Mittelfeldspieler
weiterhin draußen. Spätestens mit dem Engagement Friedhelm Funkels hatte er den
Glauben an den Durchbruch in Köln verloren. Es war Zeit zu gehen.
Eine Ausleihe führte den Bosnier im Sommer 2004 nach
Niedersachsen zum damaligen Drittligisten Eintracht Braunschweig. Dort startete
Celikovic durch. Mehr als 20.000 Zuschauer verfolgten die Heimspiele der
Eintracht, die mit Stammspieler Celikovic eine glänzende Saison mit dem
Aufstieg in die 2. Bundesliga krönte. „Das war eine super Zeit. Das war endlich
richtiger Fußball, vor vielen Leuten, die richtig Stimmung gemacht haben“, sagt
der gebürtige Kölner, der damals unter anderem an der Seite des heutigen Braunschweiger
Trainers Torsten Lieberknecht spielte.
Doch dem Höhenflug folgte die Ernüchterung. Celikovic büßte
seinen Status als Stammspieler ein. Ein Highlight hielt die Saison dennoch für
ihn bereit: das Erstrundenspiel im DFB-Pokal gegen Borussia Dortmund. „Das war
ein irrer Abend“, sagt Celikovic: „Ich stand in der Startelf und wir haben das
Starensemble des BVB mit Lars Ricken, Jan Koller und Christoph Metzelder
rausgeworfen.“ Dass besagte Partie nach dem Ausfall des Flutlichts 13 Minuten
lang unterbrochen werden musste, war nur Randnotiz. „Katastrophe, das ist eine
Katastrophe“, sagte der damalige BVB-Trainer Bert van Marwijk, während
Celikovic und seine Mitspieler ihren 2:1-Triumph feierten.
Die Zeit in Braunschweig endete im nächsten Sommer. Celikovic
zog weiter. Über den SV Wehen ging es zu Kickers Emden und schließlich zum
Wuppertaler SV. Dort bestritt er 39 Drittligaspiele, erzielte sechs Tore, ehe
der heftigste Nackenschlag seiner sportlichen Laufbahn folgte. „Ich weiß noch
genau, dass es am 27. April 2010 war“, erzählt Celikovic und meint damit sein
letztes Spiel als Profi. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit in der Partie gegen
Rot-Weiß Erfurt musste er vom Feld. Eine muskuläre Verletzung im Gesäß machte
das Weiterspielen unmöglich. Und das nicht nur an diesem Abend, sondern für
Jahre. Der Bosnier war Invalide, auch wenn ihm das erst viele Monate später
bewusst wurde.
FREUND, VORBILD UND SPIELENDER CO-TRAINER
„Ich habe viel Zeit in Wartezimmern verbracht, bin
monatelang zu verschiedenen Ärzten und Wunderheilern gelaufen, aber wirklich
helfen konnte mir niemand“, sagt der 34-Jährige, der sich trotz Schmerzen
halbwegs fit hielt und sogar noch einmal einen Vertrag angeboten bekam. „Aber
ich musste das Angebot des WSV ablehnen, mein Körper war einfach nicht mehr
tauglich für Profifußball“, sagt er.
Der Abschied vom Fußball hinterließ ein gewaltiges Loch.
„Ohne meinen Sport fehlte ein Stück Lebensqualität“, sagt Celikovic. Diese Zeit
beendete erst Ali Meybodi vor einigen Monaten. „Ich war damals noch Trainer bei
Buschbell Munzur und habe ihn gefragt, ob er sich nicht ein bisschen fit halten
will“, sagt der 38-Jährige, der als junger Mann mit Celikovic im Berufskolleg
die Schulbank drückte. Celikovic sagte Ja und trainierte wieder sporadisch mit.
Wirklich Fahrt nahm das Ganze aber erst mit Jahresbeginn
auf. Meybodi heuerte als Coach des Bezirksligisten FC Leverkusen an und nahm
Celikovic als spielenden Co-Trainer mit in die 7. Liga. „Ich wollte einen
Vertrauten an meiner Seite haben“, sagt Meybodi. Für ihn ist sein Weggefährte
mehr als nur Assistent. Celikovic ist sein Freund und dank seiner Einstellung
und Routine ein Vorbild auf dem Platz für die Spieler, die allesamt jünger
sind. Das hat Celikovic in den Tests der Vorbereitung bewiesen, und das wird er
wohl auch in den Pflichtspielen beweisen, sobald der Körper es wieder zulässt.
Klar ist aber, dass nur noch fein dosierte Belastungen möglich sind.
Autor: Wolfram Kämpf
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